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Wer der allererste Priester war, lässt sich natürlich nicht mehr genau feststellen. Auf jeden Fall ist es schon sehr,
sehr lange her. Werfen wir einen Blick in die Frühzeit des Menschen. Es ist ein schwüler Donnerstagnachmittag in der
Steinzeit. Die Jäger kamen gerade ohne Beute von der Jagd zurück, alles schwitzt, stöhnt und ist hungrig. Sogar die
Lagerfeuer flackern nur unwillig. Am Horizont türmen sich hohe, dunkle Wolken auf. Alle haben dunkle Vorahnungen,
die Stimmung ist mehr als gedrückt. Und richtig: Am frühen Abend bricht ein Gewitter los! Es kracht und donnert, Blitze
zucken, die Welt steht in Flammen! Unsere Steinzeitleute haben sich in die hinterste Ecke ihrer Höhle verkrochen, aller
Hunger ist vergessen, nur noch die Angst herrscht. Solche Phänomene kann sich niemand erklären.
Da sagt plötzlich einer: "Die Götter zürnen."
Man hat sich vielleicht schon damals überlegt, dass es viele Dinge gibt, die weder Tier noch Mensch erschaffen können,
wie Berge, Flüsse, Bäume, Gewitter usw., die aber trotzdem vorhanden sind. Also muss sie ein anderer gemacht haben,
ein oder mehr Wesen von großer Macht. Man nannte diese Wesen "Götter". Dummerweise lassen sich diese Götter niemals
blicken, man kann sie nicht fragen, man weiß nicht, was das alles soll und man weiß nicht, wie man sich verhalten soll,
damit man nicht den Zorn dieser Wesen spürt, die ja so mächtig sind. Und nun sagt einer, dass er es doch weiß! Unser
Freund, der frischgebackene Priester, steht nun im Mittelpunkt. Alle Augen richten sich auf ihn, den Mann, der die
Götter kennt. Man bestürmt ihn nun mit Fragen:
"Was haben wir getan, dass uns die Götter zürnen?"
"Wie können wir sie besänftigen?"
"Werden wir alle umkommen?"
"Wann wird endlich das Klo erfunden?"
und dergleichen mehr. Unser Freund kommt in Bedrängnis, denn er kennt die Antworten natürlich nicht. Aber andererseits:
Seine Höhlengenossen kennen sie ebenfalls nicht, also was solls?
Er steht also langsam auf, breitet theatralisch die Arme aus und ruft: "Die Götter wollen ein Opfer."
Tiefes Schweigen herrscht. Da lässt sich einer vernehmen: "Ääh, was ist das eigentlich genau, ein Opfer?".
Am selben Tag wurde der Klingelbeutel erfunden.
(c) Bernd Walf