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Kurzkrimi: Der Gast aus Zimmer 212 (1)

"Herr Direktor, kommen Sie! Schnell! Der Gast aus Zimmer 212! Er ... Er ist ... "
Direktor Schmelzer tupfte sich kleine Schweißperlen von seiner Stirn und sah den Hoteldetektiv an, der keuchend in der Tür stand. Er schätzte solche abrupten Störungen überhaupt nicht, schon gar nicht, wenn er sich einen Augenblick Ruhe gönnen wollte.
"Beruhigen Sie sich, Herr Hellmer. Sie sind ja ganz außer Atem. Was ist denn los?" Hoteldetektiv Hellmer war ein dürrer Mann, der sich nicht allzu schnell bewegte und den man gelegentlich leicht gebückt und schlurfend durch die Hotelgänge schleichen sah. Aber jetzt stand er aufrecht und hielt immer noch die Klinke in der Hand.
"Der Gast aus 212. Bitte kommen Sie mit, er ist ... ich glaube er ist tot", stammelte er. Auf Direktor Schmelzers Stirn bildeten sich wieder Schweißtropfen.
"Was sagen Sie da? Tot? Um Gottes Willen!"
Er sprang mit einer Geschwindigkeit aus seinem Sessel, die man ihm wegen seiner Leibesfülle nicht zugetraut hätte.

Sie gingen eilig durch die Halle zum Aufzug. Sie wurden vom Portier begrüßt, als sie an der Rezeption vorbei huschten, aber sie gönnten ihm keinen Blick, ebenso wenig wie dem Liftboy, der eine tiefe Verbeugung machte, als er den Direktor und den Detektiv erblickte. Sie fuhren schweigend in den zweiten Stock. Die Schweißperlen des Direktors hatten inzwischen größere Tropfen gebildet, die ihm über das Gesicht liefen und sich irgendwo im Hemdkragen verloren.
Die Tür zu Zimmer 212 war nur angelehnt.
"Ich habe die Tür offen vorgefunden, als ich bei meinem Kontrollgang hier vorbei kam. Ich wollte nachsehen, ob alles in Ordnung sei, und dann fand ich ihn. Ich habe Sie sofort informiert", keuchte der Detektiv und betrat das Zimmer, "Er liegt im Schlafzimmer."

Der Gast aus Zimmer 212 trug einen eleganten Anzug und lag friedlich auf dem Bett. Er hätte ein erschöpfter Geschäftsreisender sein können, der sich nach der anstrengenden Reise kurz auf das Bett gelegt hatte, um sich einen Augenblick zu erholen. Wenn da nicht das Messer und das Blut gewesen wäre. In seiner Brust, offenbar direkt im Herzen, steckte ein Messer, das vom Griff her ein gewöhnliches Küchenmesser war, so wie es auch in der Hotelküche benutzt wurde, und große Mengen Blut durchtränkten seinen Anzug und das Bettzeug. Sogar auf dem Boden vor dem Bett breitete sich eine Blutlache aus.
"Du meine Güte!", hauchte der Direktor.
"Was sollen wir jetzt machen?", Detektiv Hellmer schaute seinen Chef fragend an, "Sollen wir die Polizei anrufen?"
Direktor Schmelzer nickte und sagte leise: "Das müssen wir wohl, Herr Hellmer. Das müssen wir wohl. Aber das wird das Ende des Hotels sein. Mit so einer Propaganda sind wir bald pleite. Es geht uns ja sowieso nicht gut. Wenn das hier in die Zeitung kommt, dann ist das das Ende für uns. Für uns alle."
Der Detektiv riß die Augen auf. Er war erst seit einem halben Jahr hier beschäftigt und er war froh gewesen, diesen Job zu bekommen. Er hatte lange gesucht, aber niemand sonst wollte ihn einstellen. Er war ja schon über fünfzig, die Stelle hier im Hotel war ein Glückstreffer gewesen, und war gerade zur rechten Zeit gekommen. Und jetzt sollte alles wieder von vorne beginnen? Die Sucherei in den Stellenangeboten, die Bewerbungen und natürlich die Absagen, das alles noch einmal?
"Herr Direktor, ich könnte ihn wegschaffen."
Direktor Schmelzer drehte den Kopf zur Seite und sah den Detektiv an.

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