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Die Herren Abel, Milter und Frollinger saßen im Vorzimmer und warteten geduldig.
Gelegentlich bildeten sich kleine Schweißperlen auf ihren Stirnen, die sie mit ihren Taschentüchern
abtupften, denn was sie von ihrer amerikanischen Chefin zu erwarten hatten, war keineswegs angenehm.
Zwei Jahre lang war es ihnen gelungen, die deutsche Tochtergesellschaft in Grund und Boden zu
wirtschaften, aber nun war das schreckliche Ende nah. Sie saßen im Vorzimmer des Büros, in dem sie
selbst so lange Zeit residiert hatten, das größte Büro in der Etage und das mit dem schönsten
Ausblick auf die Stadt. Aber damit war es nun wohl vorbei.
"Warum läßt sie uns so lange warten?", brach Herr Milter das Schweigen und versuchte, seiner Stimme
einen festen Klang zu geben, was ihm aber nur unzureichend gelang.
"Das gehört wohl dazu. Sie will uns nervös machen. Ich fürchte, es wird ein Schlachtfest geben,
meine Herren", antwortete Herr Abel und tupfte sich die Stirn. Herr Frolliger murmelte nur: "Oh,
mein Gott. Oh, mein Gott", obwohl er noch nie durch besondere Frömmigkeit aufgefallen war. Die
drei Herren verfielen wieder in brütendes Schweigen. Herr Abel, der als Verkaufsleiter eine Spur
forscher war als die beiden anderen, wuchtete sich schließlich aus dem Sessel und
meinte: "Ich werde mal klopfen. So kann man mit uns doch nicht umgehen! Wir gehören schließlich
zum Management, auch wenn unsere Verkaufszahlen nicht gerade umwerfend sind." Das war allerdings
eine gelinde Untertreibung, denn außer den Gehältern der drei Herren befand sich kaum eine Zahl
im schwarzen Bereich. Herr Abel ging zur Tür, zögerte ein wenig, aber dann pochte er an das
edle Holz.
Die Herren warteten nervös auf eine Reaktion, aber nichts geschah. Herr Abel klopfte noch einmal,
diesmal lauter, aber das Resultat war das Gleiche. Langsam bewegte sich seine Hand in Richtung
Türklinke. Er schaute über die Schulter zu seinen Kollegen, als wolle er sich der Richtigkeit
seiner Handlung versichern, aber die beiden starrten ihn nur mit aufgerissenen Augen an. Er öffnete
die Tür.
"Um Gottes Willen!", rief er und verschwand eilig im Büro. Milter und Frollinger waren aufgestanden
und folgten ihm, aber sie hatten es nicht besonders eilig. Schließlich standen alle drei in den
vertrauten Räumen und liessen die Situation auf sich wirken. Ihre Chefin lag vornüber gebeugt mit
dem Oberkörper auf dem Schreibtisch, die Arme hingen schlaff an den Seiten herunter und überhaupt
machte sie keinen besonders lebendigen Eindruck. Ihr dürrer Hals wies rote Flecken auf, wie Abel
bemerkte, als er ihren Puls zu fühlen versuchte. Er fand allerdings keinen und sagte langsam:
"Sieht aus wie Würgemale. Sie wurde vermutlich ermordet. Meine Herren, ich fürchte, wir haben ein
Problem."
"Wieso, wir sind es doch nicht gewesen, wir haben die ganze Zeit draußen gesessen!", protestierte Herr
Milter, dessen Nervosität plötzlich verschwunden war, als er sich überlegt hatte, daß der Tod ihrer
amerikanischen Chefin doch eigentlich als positive Entwicklung der Dinge zu werten sei. Man würde
sie mindestens ein Jahr lang in Ruhe lassen. In einem Jahr konnte man sich noch eine Menge in die
Taschen stopfen. "Wir hätten aber allen Grund dazu gehabt. Sie umzubringen, meine ich. Und wir haben
keine Zeugen. Niemand ist in der letzten Stunde, seit wir zusammen saßen, hierher gekommen. Wir
können uns nur gegenseitig ein Alibi geben, und das wird nicht viel zählen. Die Polizei wird uns
auseinander nehmen, soviel ist klar", erläuterte Herr Abel seine Gedanken.