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Kurzkrimi: Verlängerung (2)

"Verdammt, das ist wahr. Ich lege auch keinen Wert auf eine intensive polizeiliche Untersuchung. Was sollen wir tun?", brummte Herr Milter und Herr Frollinger murmelte: "Oh, mein Gott. Oh, mein Gott", was allerdings kein hilfreicher Einwand war.
"Wir lassen sie einfach verschwinden", bestimmte Herr Abel, "Niemand wird wissen, dass sie überhaupt hier war, keiner kennt sie, oder hat sie überhaupt je gesehen. Wir bringen sie in die Nähe ihres Hotels, legen sie irgendwo in eine dunkle Ecke und melden sie als vermisst. Die Polizei wird glauben, ein Junkie oder so habe sie erwürgt, um an ihr Geld zu kommen. Bei uns werden sie jedenfalls nicht suchen."
Seine beiden Kollegen nickten. Genau so würden sie es machen. Es würde kein Verdacht auf sie fallen und sie hätten ein Jahr gewonnen. Ein Jahr Verlängerung. Mindestens.

Der Transport der dahin geschiedenen Chefin gestaltete sich etwas schwierig, da keiner der Herren besondere Erfahrung mit körperlicher Arbeit hatte, aber schließlich nahmen Herr Abel und Herr Frollinger die Leiche, die zum Glück nicht allzu schwer war, in ihre Mitte, während Herr Milter als Vorhut die Lage sondierte. Zum Glück hatten sie einen eigenen Aufzug in ihrer Etage, so mußten sie nicht befürchten, daß jemand auf dem Weg nach unten zusteigen wollte. Nur die Tiefgarage war gefährlich, aber um diese Zeit war dort hoffentlich nicht viel los. Herr Milter holte seinen Wagen, während die beiden anderen im Aufzug blieben und die Tür verriegelten. Herr Milter fuhr rückwärts so nah wie möglich an den Aufzug heran und hätte beinahe den Feuerlöscher abgerissen, der an einem Pfeiler neben der Aufzugtür befestigt war. Er stieg aus und öffnete den Kofferraum, dann gab er das Klopfzeichen, zweimal lang und dreimal kurz. Herr Abel öffnete die Tür und zusammen mit Herrn Frollinger, der immer noch von Zeit zu Zeit "Oh, mein Gott. Oh, mein Gott" murmelte, hoben sie ihre Chefin auf, um sie in den Kofferraum zu befördern. Herr Milter beobachtete inzwischen die Tiefgarage. Sie hatten gerade die halbe Strecke zu Milters Wagen zurückgelegt, als eine bekannte und gefürchtete Stimme: "Was soll das, zum Teufel" rief.

Die Herren Abel, Milter und Frollinger saßen in ihrem Büro und waren erschüttert.
"In was für einer Welt leben wir bloß?", ließ Herr Milter sich vernehmen, der gerade die Zeitung las, "Wir befinden uns in einer Großstadt des einundzwanzigsten Jahrhunderts und solche Dinge passieren. Es ist unglaublich!"
"In der Tat. Man muß sich das bloß einmal vorstellen: Mit einem Feuerlöscher erschlagen! In unserer Tiefgarage! Und alles nur wegen ein paar Euro. Es war sicher so ein Junkie. Denen ist alles zuzutrauen, wie man so hört", stimmte Herr Abel zu, und Herr Frollinger bemerkte: "Oh, mein Gott."
"Man hat den Täter noch nicht gefunden, wie ich hier lese", sagte Herr Milter, "Die Polizei tappt völlig im Dunklen."
"Ist es denn ein Wunder?", meinte Herr Abel, "Diese Junkies tauchen plötzlich aus dem Nichts auf und bringen Leute um. Dann verschwinden sie wieder. Die Polizei ist völlig machtlos dagegen. Ein Trauerspiel ist das."
"Wußten Sie übrigens, dass unsere verstorbene Chefin an Ohnmachtsanfällen litt? Und dass sie gegen Wolle allergisch war?", fragte Herr Frollinger, "Der amerikanische Personalchef hat es mir erzählt. Sie bekommt Ausschlag davon, von Wolle, meine ich, hässliche rote Flecken."
"Ohnmachtsanfälle? Was Sie nicht sagen!", sagte Herr Abel erstaunt, "Trug sie am Tag vor ihrem Tod nicht einen Wollschal?", fragte Herr Milter in die Runde, aber niemand antwortete ihm. Es war auch überflüssig. Die drei Herren beschränkten sich auf ein leichtes Lächeln und lehnten sich in ihren bequemen Sesseln zurück.
Der Frieden war wieder in ihre Etage eingekehrt.

(c) Bernd Walf

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