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Teufelspakt (1)

Herr B. wurde vermisst. Er kam nicht mehr zur Arbeit, er tauchte nicht mehr bei seinem Stammtisch auf, er ließ sich nicht mehr bei seinen verschiedenen ehrenamtlichen Stellen blicken (es war immer sein Wunsch gewesen, Menschen zu helfen), kurz: Er war wie vom Erdboden verschluckt. Schließlich verständigte man die Polizei. Die Tür seines Hauses war verschlossen, man brach sie auf. Im Wohnzimmer fand man seltsame Dinge: mehrere schwarze Kerzenstummel, einen Kreis aus Kreide auf dem Wohnzimmerboden, ein altes Buch über Teufelsbeschwörungen. Ein schwacher Schwefelgeruch hing in der Luft. Aber von Herrn B. war keine Spur zu finden. Seine Kleidung hing vollständig im Kleiderschrank, kein Koffer fehlte.
Später fand man im Wohnzimmer bei genauerer Suche unter dem Sofa einige handgeschriebene Blätter, hastig bekritzelt und nur sehr schwer zu lesen. Der Inhalt war folgender:

Verzeihen Sie bitte die etwas unleserliche Schrift, aber ich habe es eilig. Sehr eilig. Es ist kurz vor Mitternacht und bis dahin muss ich fertig sein, bis dahin muss ich es aufgeschrieben habe, damit nicht andere den gleichen Fehler machen wie ich. In ein paar Minuten wird er kommen; er wird kommen, um mich zu holen.
Es begann alles vor ein paar Wochen. Ich stöberte in einem Trödelladen herum, als ich auf das Buch stieß. Es war ein sehr altes, sehr stark mitgenommenes Buch. Der Einband war brüchig und die Seiten gelb, aber es übte eine starke Faszination auf mich aus. Ich kaufte es, vielleicht konnte ich es restaurieren. Das ist mein Hobby. Gegen Abend nahm ich meine Neuerwerbung zur Hand, um ein wenig darin zu schmökern. Ich hatte es ja nur wegen seines Äußeren gekauft, weil ich es wieder reparieren wollte, aber ich war mir über den Inhalt nicht im Klaren. Die vielen Teufelsabbildungen wiesen auf ein religiöses Werk hin, aber bei näherem Hinsehen war eher das Gegenteil der Fall:
Es war ein Buch über Teufelsbeschwörungen!
Ich las es sehr aufmerksam durch. Ich bin eigentlich kein besonders mystischer Mensch, aber dieses Buch nahm mich gefangen.

Ich beschloss, es auszuprobieren, ich wollte den Teufel rufen. Nicht, dass ich wirklich daran glaubte, nur so zum Spaß. Ich besorgte die notwendigen Zutaten, schwarze Kerzen und so weiter. Zum Glück gab es einen Laden für diese Dinge. Bald hatte ich alles zusammen und heute war es soweit, heute wollte ich einen Versuch machen. Ich überlegte mir, was ich vom Teufel verlangen solle, wenn er denn wirklich erschiene. Geld. Viel Geld. Mit Geld konnte ich Gutes tun, und ich tat gern Gutes. Den Teufel würde mein Vorhaben vielleicht ärgern, aber es blieb ihm laut Buch nichts anderes übrig. Wenn ein Mensch seine Seele anbietet, dann muss der Teufel sie nehmen, er muss auf die Bedingung eingehen und muss den Vertrag erfüllen. Natürlich wollte ich ihm meine Seele nicht einfach überlassen, ich musste eine Bedingung wählen, bei der er in die Röhre schaute. Ganz einfach. Da ich ein gottesfürchtiger Mensch bin, dachte ich, sei es wohl das Beste, dem Teufel meine Seele an dem Tag zu überlassen, an dem ich etwas Böses tat. Ich tat nämlich nie etwas Böses, und mit dem Geld konnte ich viel Gutes tun, konnte vielen Menschen helfen. Also baute ich heute nachmittag alles auf, die Kerzen, den Kreidekreis und all die anderen Dinge und begann mit der Beschwörung. Ich hockte mich in den Kreis und brabbelte die Formeln vor mich hin. Nichts geschah, natürlich nicht, aber in dem Buch stand, man müsse Geduld haben, es könne manchmal Stunden dauern. Stunden! Aber ich hatte ja nichts besseres vor und so plapperte ich weiter meine Formeln und hielt alles immer noch für einen Jux. Mein Gott, wie habe ich mich getäuscht, könnte ich es doch nur ungeschehen machen!
Wie gesagt, zunächst passierte nichts, doch plötzlich begannen die Möbel zu zittern, ganz leicht nur, aber dennoch zu bemerken. Ein widerlicher Geruch breitete sich aus und meine Standuhr blieb stehen. Ich bekam Angst. Der Geruch wurde unerträglich, und dann gab es einen hellen Lichtblitz und einen lauten Knall. Ich schloss geblendet die Augen und als ich sie wieder öffnete, war der ganze Raum voller Rauch. Gelblicher, stinkender Rauch. Und mittendrin stand der Teufel und grinste mich an. Er sah beinahe so aus, wie man sich einen Teufel vorstellt: Hörner, Schwanz und Pferdefuß. Aber eins passte nicht so recht: Er hatte einen Anzug an, hellblau mit einer dezenten Krawatte. Und er hatte freundliche Augen.

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