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Als dann noch die Tatsache bekannt wurde, dass ich gelegentlich trinke, wurde ich gleich als Alkoholiker
abgestempelt und da war ich den Job los. Fristlos. Meine Güte, was war mein ehemaliger Chef doch für ein Dummkopf! Was hätte ich
für ihn vollbringen können, wenn er mich nur so behandelt hätte, wie es mir zustand. Aber was soll diese Überlegung, der Prophet
gilt nichts im eigenen Land. Ich jedenfalls ging hocherhobenen Hauptes aus der Firma, und manche, die mich so sahen, werden sich
im Stillen gedacht haben, dass es ein Fehler war, mich gehen zu lassen. Aber es war vorbei, der Lotse ging von Bord.
Ich hatte endlich mehr Zeit für mich selbst, für meine Gedanken und Pläne, und natürlich auch für meine Seelenreisen. Ich konnte nun
meinen Geist fliegen lassen, wann immer ich wollte.
Ich konnte mich über die Niederungen des Menschseins erheben und frei sein, endlich frei! Es war eine schöne, eine lehrreiche Zeit für mich.
Wenn ich morgens mit meinem ersten Gläschen am Fenster stand und all diese Leute sah, die zu ihrer Fronarbeit krochen, wußte ich, dass ich richtig
gehandelt hatte, als ich den Job hinwarf.
Ich traf zu dieser Zeit auch viele Menschen, von denen ich im ersten Augenblick annahm, sie seien Brüder im Geiste. Wenn ich
mittags am Kiosk stand und die warme Sonne genoß und das warme Gefühl in meiner Kehle, dann traf ich dort oft Leute, die genau
wie ich mit dem Tretmühlenleben eines normalen Menschen abgeschlossen hatten und sich auch durch einige Flaschen Bier oder
Schnaps auf eine höhere Bewußtseinsstufe gehoben hatten.
Dachte ich. Aber diese Leute waren dennoch oberflächlich, sie tranken nur aus Gründen des Lustgewinns und nicht zur Selbstverwirklichung, so wie ich es tat.
Sie hatten mit mir nicht das geringste zu schaffen, also blieb ich immer häufiger zu Hause. Dort störte mich niemand und ich
störte auch niemanden, denn meine Frau war schon lange fort. Sie hat es nicht ausgehalten, mit einem denkenden Menschen zu leben,
Frauen wollen lieber einen Macher als Mann. Tiefsinn ist ihnen fremd, das ist das Dilemma der meisten Menschen.
Oberflächlich und vordergründig sind sie, alle miteinander. Ich hoffe nur, sie hat einen anderen gefunden, ein Arbeitstier, das sich nie
beschwert, abends brav vor dem Fernseher sitzt, gelegentlich Blumen mitbringt und den Urlaub plant. Einer, dessen höchster Traum
es ist, ein Häuschen im Grünen zu besitzen und samstags den Rasen zu mähen. So einen wollen sie!